Der frühe Vogel und dickes SonnenAUFgangsGLÜCK
28.03.2021 16:30
Eigentlich bin ich ja ganz klar im Team „Der frühe Vogel kann mich mal“, aber letzte Woche bin ich wirklich und wahrhaftig um halb vier Uhr morgens (das sagt man im Allgemeinen wohl so, aber in meinem Wortschatz heißt das eindeutig halb vier nachts) aufgestanden und mutterseelenallein zum Fotografieren gefahren!
Daran mag für viele gar nichts Besonderes sein, aber für mich war es das tatsächlich.
Erstens fahre ich äußerst selten ganz allein los, weil es zum Einen viel mehr Spaß macht, wenn man sich unterwegs und beim Belichten mit jemandem austauschen und das schöne Erlebnis teilen kann und zum Anderen fühle ich mich auch sicherer und damit wohler. Wenn die Dunkelheit und die kleine Steffi allein mit ihrer wertvollen Fotoausrüstung zusammen treffen, ist das – je nach Location – keine besonders entspannte Angelegenheit. In meiner Wahrnehmung wird da sofort jeder harmlose Spaziergänger zur zwielichtigen Gestalt.. Aber irrwitzigerweise kam mir der schräge Gedanke und habe ich dann auch festgestellt, dass sich die Dunkelheit morgens vor Tagesanbruch weit weniger bedrohlich anfühlt als die Dunkelheit abends, wenn die Nacht noch vor einem liegt (und die fiesen Gestalten aus ihren Löchern kriechen, haha).
Abgesehen von der durchaus bemerkenswerten Tatsache, dass ich zu einer wirklich unfassbar unchristlichen Zeit FREIWILLIG aus dem warmen Bett gekrochen bin (ich hatte eher damit gerechnet, dass ich den Wecker an die Wand werfe, mich kurz für meine Schnapsidee verfluche und mich dann auf die andere Seite drehe und weiterschlafe), war es auch absolutes Neuland für mich, den SonnenAUFgang zu fotografieren. Sicherlich habe ich schon den einen oder anderen Sonnenaufgang festgehalten, wenn es sich zum Beispiel im Urlaub so ergeben hat, aber gezielt dafür irgendwo hin zu fahren, das habe ich bisher tatsächlich noch nicht gemacht.
Ich habe aber schon ewig und drei Tage einige Motive auf meinem laaangen Foto-Wunschzettel, die Richtung Osten liegen und die damit nun mal prädestiniert sind, sie zur Sonnenaufgangszeit zu besuchen. Und einmal ist bekanntlich immer das erste Mal.
Als ich der Familie meine wagemutigen Pläne verkündete, erntete ich auch direkt ziemlich deutliche.. nennen wir es freundlich.. Verwunderung. Zugegeben, das Wetter die Tage war wirklich bescheiden, und der Wettervorhersage zu trauen, die tatsächlich klaren Himmel bis zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs vorhersagte und erst danach die dicken Wolken, erschien wirklich ziemlich naiv.
Aber getreu dem Motto „wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ hatte ich mir in den Kopf gesetzt, das einfach mal durchzuziehen. Und wenn am Ende des Tages (Verzeihung, in diesem Fall am Anfang des Tages) keine besonders brauchbaren Bilder dabei rauskommen sollten, dann wäre ich dennoch an Erfahrung reicher. Wie sich das anfühlt, nachts aufzustehen zum Beispiel und vor allem wüsste ich dann für einen weiteren Versuch schon einmal, wie es tatsächlich vor Ort aussieht. Den kannte ich bisher nämlich nur von Bildern und google maps. Ziel meines Ausflugs war der Hemmeldsdorfer See mit seinen Stegen.
Vor Ort angekommen wurde mir dann auch bewusst, wie sehr sich das Fotografieren morgens und abends unterscheidet. Nun werden einige meinen, dass es vollkommen egal ist, ob man nun zum Sonnenauf- oder untergang fotografiert, aber weit gefehlt.
Natürlich ist der Verlauf des Lichtes ähnlich, nur eben in entgegengesetzter Reihenfolge: Morgens erhellt sich der schwarze Nachthimmel zur blauen Stunde und wird immer blauer und heller bis zum Sonnenaufgang, auf den die goldene Stunde folgt. Abends kann man zuerst die goldene Stunde genießen, bevor die Sonne untergeht und der Himmel seine wunderschöne blaue Stunde zeigt, bis es letztlich dunkle Nacht wird.
Dennoch ist das Fotografieren in den Morgenstunden meiner Meinung nach eine größere Herausforderung.
Während man zum Sonnenuntergang zu einem Spot fährt, ist man (oder war ich bisher) eben immer ab dem späten Nachmittag oder im Sommer am frühen Abend unterwegs, so dass erstens schon relativ gut absehbar ist, was das liebe Wetter macht und mit welchem Himmel man ungefähr rechnen kann (wovon man sich morgens dann doch eher überraschen lassen muss) und man kommt in der Regel auch im Hellen an seinem Spot an, kann in Ruhe seine Sachen aufbauen und das gewünschte Motiv auswählen. Man hat Zeit für ein paar Probeaufnahmen bis das Licht richtig ist und man sein geplantes Foto umsetzt.
Im Stockdunkeln am Ort des Geschehens einzutreffen, war schon wirklich eine Challenge. Zumal ich dort wie gesagt noch nie vorher war. Wenn man schon Ortskenntnisse hat, ist es ja auch noch einmal etwas anderes. Aber blind sein Equipment aufzubauen, bzw. mit Stirn- oder Taschenlampe, ist definitiv weniger komfortabel als mit genügend Umgebungslicht. Und dann fängt man einfach an, tatsächlich ins Blaue zu fotografieren und sieht erst mit zunehmendem Licht immer mehr und deutlicher, was einen eigentlich umgibt.
Natürlich war mir das alles vorher klar, aber wie sich das vor Ort dann anfühlt, war dann doch überraschend.
Ich weiß nicht, ob es an der Dunkelheit und am ungewohnten Ablauf lag oder ob es wirklich morgens so ist, dass das Licht einfach „schneller“ ist als abends bzw. als ich es kenne, aber es kam mir so vor. Dass das Licht abends langsamer weicht als es morgens zunimmt. Vermutlich war es aber eher die fremde Umgebung und das nach und nach Entdecken neuer Motive, die ich alle gern einfangen wollte, dass das Licht gefühlt so schnell zunahm. Deshalb empfand ich das Belichten bei weitem nicht so entspannend wie ich es sonst kenne, sondern verfiel so ein wenig in eine Art ruhige Hektik.
Wie gesagt ist das Wetter, bzw. der Sonnenaufgang morgens ja schon ein kleines Überraschungsei, und ich war so glücklich und dankbar, dass die Vorhersage tatsächlich mal gestimmt hat:
Als das Blau immer mehr wich, ich mich auf den Stegen immer weiter vorwagte, der Himmel immer roter wurde und schließlich pünktlich auf die Minute der erste Millimeter der leuchtenden Sonne am Horizont sichtbar wurde, konnte ich mein Glück kaum fassen. Wenige Minuten später stand ich schon voll im goldenen Licht der tiefen Sonnenstrahlen. Die zu genießen und gleichzeitig noch in ein paar Bildern einzufangen war wie gesagt gar nicht so einfach. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, man möchte die Szenerie kurz anhalten, aber das Licht verändert sich unaufhaltsam genau so wie Sand durch eine Sanduhr rinnt oder sich der Zeiger der Uhr in der gleichen Geschwindigkeit weiter bewegt.
So habe ich das Alles einfach so sehr genossen wie es eben ging. Letztlich währte der Moment auch nicht sehr lange, denn wie angekündigt kamen zusammen mit der Sonne immer dichtere Wolken (und unangenehmer Wind), und schon nach wenigen Minuten war das ganze Schauspiel auch schon vorbei.
Ich stand von einem Moment zum anderen an einem grauen See im eiskalten Wind (ähnlich wie plötzlich hellwach nach einem schönen Traum oder am Ende eines tollen Films, wenn das Licht im Kino angeht und man wieder im Hier und Jetzt ankommt) und stellte fest, dass meine Hände (und Füße und eigentlich der ganze Körper) tiefgefroren waren. Irgendwo, irgendwann hatte ich im Eifer des Gefechts mal wieder die Handschuhe und sämtliche gutgemeinten mütterlichen Ratschläge (Kind, zieh dich warm an..) über Bord geworfen. Aber wie immer: das war es wert!
Nachdem nun der „Zeitdruck“ für weitere Bilder weg war, habe ich natürlich die Gelegenheit genutzt, mich da im Hellen noch einmal gründlich umzusehen. Mich überhaupt erst einmal richtig umzusehen. Manchmal denke ich, während so einer „Fotosession“ bin ich immer so vertieft, da merke ich wirklich nicht, was um mich herum passiert. Geht das wohl als eine Art „Meditation“ durch?
Letztlich bin ich mit einer richtig tollen Ausbeute an Fotos, ganz viel Glücksgefühlen im Bauch und der Erkenntnis nach Hause gefahren, dass ich DAS definitiv wiederholen werde. Morgens belichten hat auf jeden Fall auch seinen Reiz!
Erstmal stehen allerdings schon die nächsten zwei Abend-Dates an. Ihr solltet Euch also die morgendlichen Bilder vom Hemmelsdorfer See schnell ansehen, bevor sie schon wieder von neuen Aufnahmen verdrängt werden.
Hier im Album Hemmelsdorfer See