Dem Himmel sei Dank..
13.12.2015 23:15
..für diesen Himmel über den Dächern Hamburgs.
Ich hatte vorletztes Jahr das erste Mal dieses Bild gesehen, bei dem ich dachte, DAS willst Du auch mal fotografieren. Dann kam das Motiv letztes Jahr zu dieser Zeit wieder auf, und als ich es vor Kurzem noch einmal sah, musste ich das endlich in die Tat umsetzen. Ich weiß im Nachhinein gar nicht, wie ich das immer wieder verdrängen konnte.
Die Rede ist vom Weihnachtsmarkt vor dem Hamburger Rathaus. Von oben.
Nach gründlicher Recherche der Gegebenheiten machte ich mich am Dienstag auf zur Sankt Petri Kirche. In dieser ist nämlich eine Turmbesteigung möglich, atemberaubender Blick über Hamburg inklusive. Ich kannte bisher nur die Fotos mit Sicht auf das Rathaus und bin irgendwie davon ausgegangen, dass es nur diese Blickrichtung gibt. Aber es kam viel besser.
Da der Turm ganzjährig leider nur bis 17 Uhr geöffnet hat, und die Zeit um den Sonnenuntergang und die blaue Stunde nunmal eindeutig die beste Zeit zum Fotograferen sind, bieten sich die Wintermonate extrem für eine Besteigung an, und da Hamburg zur Zeit auch noch mit gleich mehreren Weihnachtsmärkten in der Innenstadt lockt, dürfte der Dezember wohl gerade für Fotografen eine hochfrequentierte Zeit sein (ich war auch nicht allein, sondern es tummelten sich sieben oder acht Fotografen dort oben). Gott sei Dank ist die Sankt Petri Kirche, bzw. deren Mitarbeiter, nicht so streng, was das Fotografieren angeht. Oftmals sind Fotoausrüstungen und Stative (offensichtlich Teufelwerk) überhaupt nicht gern gesehen, aber hier scheint es bisher kein Problem zu sein.
Ich hatte schon recht großen Respekt vor dem Aufstieg. 544 Stufen bis zum höchsten Aussichtspunkt, das ist ne Menge Holz. Und Stein. Und Metall. Gut, es gibt schon vorher mehrere Böden mit Fenstern, und ich bin letztlich auch gar nicht bis ganz oben gegangen, aber ich wusste vorher nicht ,wie weit ich mindestens muss, und es ist schon ne Hausnummer, wenn man das vor sich hat. Vor allem, wenn erschwerend(!) hinzukommt, dass man mehrere Kilo Fotorucksack auf dem Rücken trägt, winterwarm angezogen ist und die örtlichen Gegebenheiten nicht unbedingt die komfortabelsten sind. Eine mega enge Wendeltreppe von 111 schmalen Stufen macht den Anfang, dann folgen gefühlt unendlich viele "offene" Treppen mit unterschiedlich hohen Stufen..
Also, ich sag mal so. Ich bin zwar keine Sportskanone, aber sooo unfit bin ich eigentlich auch nicht. Dachte ich. Vielleicht hatte ich auch nur einen schlechten Tag. Ich war schon echt aufgeregt an dem Tag, weil ich DAS Motiv wirklich unbedingt fotografieren wollte, ich ja nun nicht jede Woche die Möglichkeit hab, nach Hamburg zu fahren, das Wetter an dem Tag einen tollen Himmel versprach (was meinen Wille, DAS Foto zu machen natürlich noch verstärkte) usw., so dass ich tatsächlich mit Herzklopfen da hingegangen bin. Aber...
Um es kurz zu machen: Ich werde es wieder tun, aber nicht ohne Sauerstoffzelt. Und noch ne Stunde eher. Also ehrlich. Ich hatte mir zwar fest vorgenommen, mir für den Aufstieg genug Zeit zu nehmen, aber trotz kurzer Verschnaufpausen auf den jeweiligen Böden, dachte ich, ich ko** gleich meine Lunge raus. Von den glühenden Beinen mal ganz zu schweigen. Außerdem wurde "ich hab ja Zeiiiiit" nachhaltig torpediert durch einen mit Kamera und Stativ ausgerüsteten jungen Mann, der mich lässig überholte. aaaarrrrggg! Das ist MEIN Fensteeeeer!
Auf der Internetseite der Kirche Sankt Petri steht zu der Turmbesteigung, der Aufstieg sei nicht nur eine sportliche und touristische Erfahrung, sondern auch eine geistliche. Dem kann ich mich durchaus anschließen. Ob das nun einfach an der nackten Freude liegt, die man verspürt, wenn man oben angekommen irgendwann wieder das Gefühl hat, genug Luft zu kriegen, der Puls sich wieder innerhalb der Werksgarantie bewegt und man sich der Tatsache bewusst wird, dass man tatsächlich noch am Leben ist.. oder an der unglaublich schönen Aussicht über die Stadt.. weiß ich nicht. Vermutlich eine Kombination aus beidem. In jedem Fall ist es ein Erlebnis der besonderen Art, und ich schreibe deshalb recht ausführlich über das Ganze (was ja sonst üüüüberhaupt nicht meine Art ist), weil ich diesen Ausflug wirklich jedem (einigermaßen gesunden Menschen) ans Herz legen möchte, Fotograf oder nicht.
Es ist wirklich anstrengend, da hochzukraxeln, aber wenn man oben angekommen ist, ist es wirklich ein unglaubliches Gefühl (ganz nebenbei bemerkt gibt es in dem Turm schon während des Aufstiegs eine ganze Menge zu sehen, wenn man sich die Zeit dafür nimmt). Wenn man dann in aller Ruhe die wunderschöne Stadt Hamburg aus dieser Höhe überblickt, fühlt man sich wirklich dem Himmel etwas näher (zweifelsohne nicht allein aufgrund der Höhe, sondern auch wegen der Nahtoderfahrung, die gerade hinter einem liegt, aber egal).
Die Böden mit den runden Bullaugen sind viel größer als gedacht (hatte es mir deutlich enger vorgestellt in dem Turm, der sieht ja auch von unten gar nicht so groß aus), und die Fenster gehen natürlich einmal rundherum, so dass man tatsächlich in jede Himmelsrichtung rausgucken kann. Rathaus, Binnen- und Außenalster, Speicherstadt, Hafen.. alles zu sehen.
Dies alles "vernünftig" zu fotografieren war in der etwas knappen Zeit leider nicht möglich. Als es noch hell war, war es in der Ferne sehr diesig, die Kräne im Hafen verschwammen förmlich, und die Zeit der Dämmerung bis Turm-Schließung ist leider sehr kurz. Das Stativ dann erstmal genüsslich vor den jeweiligen Fenstern aufzubauen, um in alle Richtungen Top-Aufnahmen machen zu können, war leider nicht drin, zumal ich wie gesagt nicht allein dort oben war und jeder Fotograf sein Stativ platzieren wollte). So habe ich mich bei diesem Besuch erst einmal auf mein Wunschmotiv Weihnachtsmarkt vorm Rathaus konzentriert (und in die anderen Richtungen nur mal schnell aus der Hand geschossen). Und diese Wunsch-Bilder sind wirklich gut geworden. Wie immer spielt bei mir ein bisschen der Faktor "diese Fotos hab ich mir hart erarbeitet" mit, aber auch für den "objektiven" Betrachter sollten sie hoffentlich einen kleinen WOW-Effekt bieten oder wenigstens schön anzusehen sein.
Ich freue mich immer noch und bin total dankbar, dass ich so ein Glück mit dem phantastischen Wetter hatte, das mir einen so tollen Sonnenuntergang beschert hat. Der Himmel war wirklich himmlisch!
Der anschließende Gang über den Markt selbst und runter zur Alster bot zwar auch noch einige schöne Motive (wenn man Menschen auf seinen Fotos mag, was bei mir ja eher weniger der Fall ist), aber zu der spektakulären Aussicht vom Turm aus fallen die natürlich deutlich ab..
Insgesamt war es aber ein super schöner und erfolgreicher Foto-Ausflug, und wenn auch nicht so bald, werde ich den Aufstieg beizeiten noch einmal wagen. Mal sehen, was ich dann noch Schönes da oben in über hundert Metern Höhe entdecke und ablichten kann.
Bis dahin sind das erst einmal meine neuen Lieblingsbilder aus Hamburg:
Stadt, Land, Fluss
P.S. Um meine unsportliche Leistung mal etwas zu relativieren: Asunahmslos jeder, der da oben nach mir ankam, hat genau so laut geschnauft wie ich und brauchte im Schnitt zehn Minuten für die Rückkehr zur normalen Gesichtsfarbe!
P.P.S. Der Abstieg ist wirklich ein Klacks, auch wenn sich die Beine dabei etwas gummiartig anfühlen, richtig unangenehm ist dann nur der letzte Abschnitt mit der engen Wendeltreppe, da wird einem wirklich schwindelig. *bäh*
P.P.P.S. Obwohl ich mit dem Muskelkater meines Lebens gerechnet und schon befürchtet hatte, mich am nächsten Tag nicht auf meinen eigenen Beinen fortbewegen zu können, blieb selbiger aus. Komplett. Kein Muskelkater. Das Phänomen ist mir immer noch ein Rätsel. Aber macht Hoffnung fürs nächste Mal.